Worum geht es in diesem Artikel
- Veränderungen im Unternehmen sind nicht nur sachliche, sondern vor allem emotionale Prozesse.
- Diese Emotionen sind normal und sollten von Führungskräften ernst genommen und aktiv angesprochen werden.
- Kommunikation ist deshalb das wichtigste Führungsinstrument im Change.
- Perspektivwechsel und aktives Zuhören sind entscheidend, genau wie
- ein frühzeitiger, regelmäßiger und dialogorientierter Austausch, der Mitarbeitende aktiv beteiligt.
Die Geschichte von Anne und der Veränderung
Stelle dir vor: Anne ist Bereichsleiterin in einem mittelständischen Unternehmen. Ihr Unternehmen steht vor einer großen Veränderung – die Einführung einer neuen Software, die Arbeitsabläufe modernisieren und effizienter gestalten soll. Anne ist überzeugt, dass die neue Lösung gut für ihr Team ist, weil sie Prozesse vereinfachen und zukunftsfähiger machen wird. Sie kommuniziert die Entscheidung in einem Meeting, verteilt ein paar Handouts und geht davon aus, dass alles reibungslos läuft.
Doch schon nach kurzer Zeit häufen beginnen die Probleme: Die Mitarbeitenden sind verunsichert, Gerüchte machen die Runde, die Stimmung kippt. Die Produktivität sinkt, Widerstände wachsen. Anne versteht die Welt nicht mehr – sie hatte doch alles erklärt…
Warum Kommunikation im Change oft unterschätzt wird
Viele Führungskräfte wie Anne glauben, dass ein (einmaliger) faktenbasierter Informationsfluss genügt. Sie unterschätzen, wie sehr Veränderung die Menschen bewegt – und wie sehr sie nach Orientierung, Sinn und Sicherheit suchen. Change ist nicht nur ein sachlicher, sondern vor allem ein emotionaler Prozess.
Wir haben die Tendenz, Emotionen im unternehmerischen Kontext negativ zu bewerten. Dabei sind sie – gerade in einem Veränderungsprozess – völlig normal: Mitarbeitende fühlen sich in den alten und bewährten Strukturen sicher und kompetent. Sie wissen, was täglich auf sie zukommt. Die Veränderung kann hingegen Unsicherheit, Angst und Kontrollverlust bedeuten: Was heißt das für mich und meine Situation?
Der Verarbeitungs-Vorsprung von Führungskräften
Wenn Führungskräfte darüber nachdenken, wie sie Mitarbeitende im Change „abholen“ und „mitnehmen“, dann sind sie oft mit der eigenen Veränderungsbewältigung schon durch.
Denn auch Führungskräfte finden Veränderungen nicht super – sie sind jedoch in der Regel früher eingebunden. Chancen, die in der Veränderung stecken, sind für sie bereits sichtbar. Und am liebsten möchten sie in der Change-Kommunikation nur darüber sprechen.
Das passt jedoch in der Regel nicht zur Stimmung- und Bedürfnislage der Mitarbeitenden. Bei ihnen geht es erst mal ums „Verdauen“. Sie sind mit sich selbst beschäftigt, betrauern das Alte und sind noch nicht für etwaige neuen Chancen offen.
Wichtigstes Instrument von Führungskräften im Change: Kommunikation
Um Mitarbeitende also für die anstehende Veränderung „abzuholen“ und „mitzunehmen“, braucht es mehr als einen faktenbasierten Informationsfluss.
Werden Sorgen und Ängste ignoriert, ändert das nichts an ihrem Vorhandensein. Werden die Bedenken hingegen ernst genommen und im Change berücksichtigt, können sie ein Motor der Veränderung werden.
Wer offen über Ziele, Hintergründe und Auswirkungen spricht, nimmt Unsicherheiten und gibt Halt. Entscheidend ist also, wie Unternehmen und Führungskräfte im Change-Prozess mit den Emotionen umgehen.
Ziel der Veränderung ist es, das Neue möglichst schnell in eine Routine zu überführen. Dafür müssen die Kolleginnen und Kollegen die Veränderungsnotwendigkeit einsehen, die neue Situation akzeptieren und Vertrauen in die Veränderung entwickeln. Beteiligung ist dabei entscheidend: Wer Mitarbeitende einbindet, ihre Fragen ernst nimmt und Feedback zulässt, fördert die Akzeptanz.
Change-Kommunikation ist also der Schlüssel, um:
- Orientierung zu geben,
- Sinn und Zusammenhänge zu vermitteln,
- Ängste zu nehmen,
- Vertrauen zu schaffen,
- zuzuhören und Themen und Emotionen der Mitarbeitenden aufzunehmen
- und Engagement zu fördern.
Maßnahmen-Tipps für die Change-Kommunikation von Führungskräften
Wie kannst du als Führungskraft Kommunikation im Change gezielt nutzen? Ich habe dir ein paar Tipps aus der Praxis zusammengestellt:
1. „Walking in their shoes“: Perspektivwechsel vornehmen
Mitarbeitende bewerten die neue Situation sehr subjektiv. Sie entscheiden sich nur für das Neue, wenn sie aus ihrer Sicht eine Sinnhaftigkeit und einen Nutzen erkennen können.
Mein Tipp an Führungskräfte ist, die Perspektive der Mitarbeitenden einzunehmen: Welche Befürchtungen oder Bedenken könnte es geben? Wie kommt das, was ich sagen will, auf der anderen Seite an?
Die Fragen, die Mitarbeitende in einem Change-Prozess umtreiben, sind immer dieselben (auch wenn sie nicht offen gestellt werden). Führungskräfte sollten – aus Sicht der Mitarbeitenden – überzeugende Antworten auf diese Fragen haben:
- Warum ist die Veränderung sinnvoll / notwendig?
- Welche Zukunftsvorstellung ist mit der Transformnation verbunden?
- Welchen konkreten Nutzen hat das (für die Belegschaft, die Abteilung, das Team)?
- Welche konkreten Veränderungsmaßnahmen passieren wann? Wer ist betroffen?
- Was bedeutet das für mich persönlich?
- Werde ich noch gebraucht? Reicht mein Wissen?
- War alles Bisherige schlecht / falsch (Würdigung des Bisherigen)?
- Laufen Personal- und Strukturentscheidungen fair ab?
2. Frühzeitig und regelmäßig in den Austausch gehen
Starte die Kommunikation so früh wie möglich – auch wenn noch nicht alle Details feststehen. Sorge für regelmäßige Updates und Austauschformate, um den gegenseitigen Informationsfluss aufrechtzuerhalten.
3. Aktiv zuhören und Dialog ermöglichen
Schaffe Räume für Fragen, Sorgen und Ideen. Sprich offen über Herausforderungen und Unsicherheiten. Das können z.B. Q & A Sessions oder Workshops sein. Das Format ist dabei nicht so relevant wie die Haltung:
- Schalte vom Sendemodus auf Empfang. Höre zu, um ehrlich zu verstehen und nicht um zu antworten.
- Stelle Fragen, die die Gefühle und Bedenken besprechbar machen: Welche Chancen seht ihr in dieser Veränderung? Was könnte eurer Meinung nach herausfordernd sein? Wie gehen wir damit um? Was brauchen wir, um mehr Chancen zu heben und die Herausforderungen zu bewältigen?
- Akzeptiere, dass sich nicht alles direkt lösen lässt.
Fazit: Kommunikation ist Führungsaufgabe Nr. 1 im Change
Fazit: Change-Kommunikation ist für Führungskräfte die Superkraft. Damit meine ich einen kontinuierlichen persönlichen Austausch während des Prozesses, die zugewandte Auseinandersetzung mit Emotionen und Ängsten und die Beteiligung der Mitarbeitenden im Change-Prozess.
Change-Kommunikation ist die Brücke zwischen Strategie und Umsetzung, zwischen Unsicherheit und Zuversicht. Mit ihr kann es gelingen, mit den Emotionen umzugehen und Vertrauen zu schaffen, damit der Wandel möglich werden kann.
Greife also mit deinem Team zum Äußersten: Redet miteinander.